Mit einem Brief haben sich Stadtdechant Andre Müller und Katholikenratsvorsitzender Thomas Gäng an die Ratsfraktionen und vermutlich weitere Institutionen gewandt, um gegen die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB mobil zu machen. Teile dieses Briefes werden in der WAZ am 10.02. zitiert.
Darin heißt es, dass die „gesetzgeberischen Aktivitäten der Bundesregierung“ mit Sorge verfolgt würden.
Im Brief wird suggeriert, die Aufhebung des Verbotes der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche würde quasi automatisch dazu führen, dass diese sich vervielfachen. Zum anderen würde es „um eine Güterabwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau auf der einen Seite und dem Schutz des ungeborenen Lebens auf der anderen Seite“ gehen. Nach Meinung der Unterzeichner „findet hierbei das zweifelsohne hohe Gut der Selbstbestimmung seine Grenze.“
Hierzu erklärt Stefanie Wehling, gleichstellungspolitische Sprecherin für DIE LINKE.LISTE:
„Ich habe mich beim Zeitung lesen heute Morgen kurz gefragt, in welchem Jahrhundert ich mich befinde. Dass zwei ältere Herren der katholischen Kirche mir in einem Brief die Selbstbestimmung und die Entscheidung über meinen Körper nehmen wollen, so als wäre das selbstverständlich, hat mich kurz sprachlos gemacht. Das ist eine durch und durch rückwärtsgewandte patriarchale Denkweise, die ich zutiefst ablehne und die überwunden werden muss. Als LINKE treten wir für Selbstbestimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen ein.
Dazu gehört körperliche und sexuelle Selbstbestimmung für Frauen und
queere Menschen. Das bedeutet umfassende Aufklärung, Zugang zu
Verhütungsmitteln, aber auch und völlig eindeutig die freie Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch. Nur wenn Frauen sich ohne Zwänge für oder gegen eine Schwangerschaft und Elternschaft entscheiden können, ist eine selbstbestimmte Familienplanung möglich. Dazu gehören auch wirtschaftliche Faktoren. Es dürfte kein Armutsrisiko sein, sich für das Kinder bekommen zu entscheiden. Das sind soziale Probleme, die gelöst werden müssen. Sie wurden hervorgerufen durch eine falsche Politik, die sich vorrangig um die Interessen des Kapitals kümmert, statt um die Belange der großen Mehrheit der Bevölkerung. Stattdessen sollen Frauen weiter bevormundet werden. Genau solch eine Denkweise steht sozialem Fortschritt und echter Gleichberechtigung im Wege. Seit vielen Jahrzehnten kämpft die Frauenbewegung gegen das staatliche Abtreibungsverbot, seit unserem Bestehen treten wir für die ersatzlose Streichung der Paragrafen 218 bis 219b ein.
Nun besteht die Chance, diese sexistischen Paragrafen endlich auf den Müllhaufen der Geschichte zu befördern und ich freue mich, dass wir unseren Anteil daran haben.“