Wir dokumentieren die Rede des Stadtverordneten Lühr Koch auf der gestrigen Ratssitzung zur Großen Anfrage „zum Offenen Ganztag an Grundschulen in Oberhausen“ Kinder sind unsere Zukunft! Den Spruch fand ich schon mit 10 Jahren völlig verrückt. Wer so redet, sorgt sich ja nicht wirklich um das Wohl der Kinder sondern um sein Eigenes. Richtig müsste es heißen: Wir sorgen uns um die Zukunft unserer Kinder! Doch Menschen sorgen sich heute lieber um die Zukunft ihres Autos als um die ihrer Kinder. Die Welt unserer Kinder kann ruhig untergehen, wichtig ist, dass sie jeden Freitag zur Schule gehen! Alles andere interessiert uns nicht, schließlich werden viele hier 2050 ja kaum erleben. Was uns nachweislich überhaupt nicht interessiert, ist allerdings der Zustand dieser Schulen, in denen diese Kinder lernen müssen. noch dessen Umsetzung. Von der „Hardware“ über das Bildungskonzept, über die Fachausbildung und Einstellung fachlich ausgebildeter Erzieherinnen, die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben, es wird überall gekürzt. Macht ja nichts, ist es ja nicht unsere Zukunft! Deswegen haben wir diese große Anfrage gestellt. Bildung hat bei uns Linken einen hohen Stellenwert. In Zeiten von Haushaltssanierungsmaßnahmen und den immer interessanten Kürzungsvorschlägen der GPA dürfen wir uns Sorgen machen! In den letzten zwei Jahren hat dieser Rat – also nicht nur wir 5 Roten Socken, sondern die großen Parteien ebenso! – die Verwaltung mehr als einmal zum Jagen tragen müssen, damit sich in der Bildungslandschaft überhaupt etwas bewegt. Jetzt liegen uns die Antworten vor, schauen wir sie uns doch an. Kaum begonnen, schon fällt auf, dass es das „Rahmenkonzept“ aus Kostengründen nicht gibt. Und damit eben nicht das Personal, das der vom Qualitätszirkel beauftragte Kreis aufgrund anerkannter Vorgaben gefordert hat. Deutlicher kann es doch nicht werden, das Eingeständnis, dass es eben nicht um die Zukunft der Kinder sondern um unseren Geldbeutel geht, oder? Lieber werden 50% der Lehrerstellen „kapitalisiert“ – das Wort muss man sich mal reinziehen – als notwendige Fachkräfte eingestellt. Wir fordern diesen Rat auf, das seit 2016 bekannte Rahmenkonzept unverzüglich zu verabschieden! Fachpersonal benötigt Aus- und Weiterbildung. Die Antworten auf unsere Fragen zeigen, dass die kurze Ausbildung nicht professioneller Kräfte besser und mehr gefördert wird als die besser qualifizierter Beschäftigter. Das heißt jetzt keineswegs, dass unsere Fraktion die Ehrenamtlichen, Praktikantinnen, Studierenden, usw., als nicht vollwertig betrachtet. Nein, es gibt sehr viele, die durch ihren persönlichen Einsatz den Offenen Ganztag qualitativ ein weites Stück nach vorne bringen. Wir verstehen nur nicht, warum diese Menschen dann so schlecht bezahlt werden. Ich komme gleich darauf zurück. Zunächst machen wir einen kurzen Ausflug zum Verein zur Betreuung von Schulkindern e.V.. Im Fragenkatalog hatten wir vorher übergreifend nach der Qualifikation der Beschäftigten sowie der tariflichen Absicherung gefragt und uns dann dem gerade genannten Verein gewidmet. Auch wenn es nur die halbe Wahrheit ist, richtig ist, dass dieser Verein ein selbständiger Träger ist. Richtig ist auch, dass der Verein bei der Verwaltung großes Vertrauen genießt. Nun hat dieser Verein mit seinen 280 Beschäftigten keinen Betriebsrat! Wir hätten gerne gewusst, ob es sich hier um einen Tendenzbetrieb, möglicherweise vorgeschoben, handelt? Oder ob es möglicherweise einen eigenen Tarifvertrag gibt, der die Wahl einer Mitarbeitervertretung anstelle eines Betriebsrates vorsieht? Und, sollte all das nicht zutreffen – warum die Verwaltung einen Verein beauftragt, der sich nicht an geltende Gesetze hält? Hier sollte der Verein schnellstmöglich für Aufklärung sorgen. Zurück zum Gehalt. Wir wissen jetzt viel über die Gehaltstruktur bei diesem Verein. Und wir wissen, dass der Verein und alle Träger angelehnt an einen Tarifvertrag zahlen. Wenn wir den SuE-TVöD zugrunde legen, dann verdient die Leitung als „Vollzeitstelle“ also mit 20 Stunden in der Woche abzüglich der 15% brutto für die Ferienzeit 1.405 EUR brutto, Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen 1.114 EUR brutto, Kinderpflegerinnen, Sozialassistentinnen u.ä. 1.055 EUR brutto. Es folgen die Betreuungskräfte mit Stundensätzen. Es liest sich zumindest so, dass nach geleisteten Stunden gezahlt wird, in der Ferienzeit also nichts. Dennoch werden auch hier die 15% Ferienzeit abgezogen und mit 12,50 EUR Stundenlohn erreicht man dann im Monat ca. 830 EUR, mit 11,50 noch ca. 770 EUR und mit 10,50 EUR unglaubliche 700 EUR im Monat. Das liegt klar unter dem Mindestlohn! Die nachfolgenden Rednerinnen werden darauf hinweisen, dass es sich hier um Halbtagsarbeit handelt und viele Beschäftigte gar nicht mehr als das wollen. Doch das dürfte maximal die halbe Wahrheit sein. Ganz kurz zur Raumsituation, die ja auch etwas mit der Mittagsverpflegung zu tun hat. Warum sie so ist wie angegeben, darüber haben wir ja schon mehrfach im Rat geredet. Wie und wo finde ich in ihrer Antwort jetzt den guten Ansatz, der mir Hoffnung gibt, dass sich trotz der konstanten Zahlen etwas tut? Bevor ich zum Fazit komme, haben wir noch zwei Zusatzfragen zur Mittagsverpflegung. Gefragt hatten wir nach dem Entgelt für das Mittagessen an den jeweiligen Grundschulen. Akribisch sind die Anzahl der am Mittagessen teilnehmenden Kinder und der Preis pro Essen aufgelistet. Auffällig die Preisspanne zwischen 2 und 3,50 EUR. Liegt es möglicherweise am Preis, dass zwischen 2 und 135 Kindern nicht am Mittagessen teilnehmen – können? Und, das haben wir allerdings nicht gefragt, was mögen diese Kinder dann wohl essen? Besonders bei der Kastell- der Erich-Kästner- und der Schule an der Oranienstraße, für die keine Werte vorhanden sind? Begonnen hatte ich damit, dass wir für die Zukunft unserer Kinder verantwortlich sind und unserer daraus resultierenden Sorge um die Dynamik der Oberhausener Bildungslandschaft. Wer die Antworten der Verwaltung bewusst gelesen hat, kann feststellen: Sie hält nicht hinter dem Berg mit der Feststellung, dass die Oberhausener Bildung ganz dem Haushaltssanierungsplan unterworfen ist. Für einen positiven Blick auf die Welt bedarf es positiver Signale. Nichts davon findet sich in diesen Antworten – immer geht es versteckt um Kosten, von mir aus auch um fehlende Einnahmen. Von Aufbruchstimmung ist hier nun wirklich nicht zu sprechen! Sprache ist verräterisch: Wer Kinder, Erzieherinnen und Ehrenamtliche als Ressourcen bezeichnet, wer Bildung als Produkt, das sich am sogenannten freien Markt rechnen muss, verkaufen will – setzt unsere Kinder und deren Bildung mit einem Stück Brot oder einem Auto gleich. Überlegen sie einfach, ob sie das so wollen! Ob es in ihrem Sinn ist, dass z.B. dort gekürzt wird, wo pädagogische Fachkräfte gebraucht werden!? Die Antworten zu unserer Großen Anfrage verdeutlichen natürlich noch etwas ganz Anderes: Wem wirklich an einer dynamischen und vorwärtsschreitenden, also progressiven Bildung liegt, für den war und ist das Projekt „Offener Ganztag“ sowieso der Irrweg par excellence. Genau deswegen fordern linke Kräfte – und dazu gehört bekanntlich DIE LINKE.LISTE – seit Jahrzehnten eine einheitliche ganztägige Schule. Und tatsächlich gibt das System ja auch – es gibt den Gebundenen Ganztag! Nein, auch dieses Konzept ist nicht vollkommen. Doch es wird auskömmlich mit Landesmitteln finanziert. Damit können die erforderlichen Fachkräfte sehr wohl fest eingestellt und gut bezahlt werden und jedes Kind hat so die Chance auf gleiche Bildung. Kurz, es ist ein forderndes, fortschrittliches Konzept, das für die Zukunft einiges zu bieten hat. Unser Aufruf: Starten wir gemeinsam eine Initiative zur Veränderung der Landesgesetzgebung: ersetzen wir den Offenen durch den Gebundenen Ganztag. Den Antragdazu liefern wir ihnen gerne zeitnah. Für die Zukunft der Schulkinder wäre das ein riesiger Schritt! Herzlichen Dank!
Ein Beitrag von Lühr
19.02.2019