AutorInEin Beitrag von Yusuf
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Die Linke Kreisverband Oberhausen
14.08.2024

Prozess um Anschlag auf Linkes Zentrum: Rede auf der Kundgebung „Rechte Anschläge aufklären – Braunen Sumpf trockenlegen!“

Liebe Freundinnen und Freunde,
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

wir sind heute hier, um den Prozess gegen die beiden Neonazis zu beobachten, die mutmaßlich den terroristischen Anschlag auf unser Linkes Zentrum in Oberhausen verübt haben.

Wir wollen mit eigenen Augen sehen, was heute passiert und wir wollen uns zeigen, denn wir sind diejenigen, die angegriffen wurden und denen ihr deren über viele Jahre liebevoll betriebenes Linkes Zentrum genommen wurde.

Wir sind auch hier, um dagegen zu protestieren, wie die Ermittlungen zum Anschlag bisher abgelaufen sind.

Seit dem frühen Morgen des 5. Juli 2022, als ein lauter Knall die gesamte Elsässer Straße geweckt hat, sowohl unser Laden als auch die Scheiben des gegenüberliegenden Reisebüros und des Friseursalons zu Bruch gingen, werden wir als Betroffene raus gehalten und schleppend bis gar nicht informiert.

Das Verfahren zum Anschlag wurde nach einem Jahr, im Juli 2023, sang- und klanglos eingestellt.
Erst im Februar 2024 hat Kommissar Zufall dafür gesorgt, das bei einer Razzia bei den beiden Beschuldigten, Nina S. und Thomas L., offenbar Indizien gefunden wurden, die zur Untersuchungshaft führten.

Diese Personen haben Luftlinie nur wenige 100 Meter von unseren Räumlichkeiten entfernt gewohnt. Sie hatten öffentliche Social Media Accounts mit eindeutigen neonazistischen Inhalten. Trotzdem war es offensichtlich zu schwer, diese Personen zeitnah und gezielt zu ermitteln. Und es war wohl zu mühselig, uns als Betroffene zu informieren.

Über unseren Anwalt haben wir seit dem Tag der Festnahmen mehrfach versucht, Akteneinsicht zu gelangen. Die Akte werde noch gebraucht hieß es, die Akte sei unterwegs. Diese und ähnliche Ausflüchte bekamen wir fast ein halbes Jahr zu hören. Auch als wir über unseren Anwalt bekundet haben, die Nebenklage antreten zu wollen, gab es keine Informationen.

Wie sollen wir die Nebenklage antreten, ohne die Faktenlage zu kennen? Das ist nicht möglich. Ob das bewusst so gehandhabt wurde, kann ich nicht beweisen, aber es hat ein eindeutiges Geschmäckle. Zumindest handelt es sich in Bezug auf den Umgang mit uns um wirklich schlechte Arbeit.

Die Akte haben wir dank der Beharrlichkeit unseres Anwalts dann jetzt doch bekommen, es sind rund 1000 Seiten.
Wir bekamen die Akte zehn Tage, ich wiederhole, zehn Tage vor Prozessbeginn. Da befand sich unser Anwalt auf dem Weg in den verdienten Sommerurlaub, warum auch nicht? Es war ja nicht bekannt, wann der Prozess losgeht.
Auch hier ist es wirklich interessant, das ein derartiger Prozess, nachdem über den Anschlag vor zwei Jahren bundesweit berichtet worden war, jetzt so kurzfristig im Sommerloch beginnt. Ein weiterer Zufall, eine wirklich mangelhafte Überlegung oder was steckt dahinter?

All das hätte noch korrigiert werden können. Wir haben über unsere Kanzlei beantragt, die Termine zu verlegen, damit unser Anwalt sich vorbereiten kann und wir die Nebenklage antreten können.
Doch dies wurde einfach abgelehnt, ohne eine stichhaltige Begründung.
Wir wurden also faktisch daran gehindert, unser Recht wahrzunehmen. Aber das werden wir nicht dulden und alle rechtlichen Schritte prüfen, wie wir zu unserem Recht kommen.

Der Schaden ist nicht nur ein materieller. Es war ein Angriff auf unsere politische Arbeit, auf unsere politische Identität als Sozialistinnen und Sozialisten und zielte darauf ab, uns zu vernichten.
Die Täterinnen und Täter haben Tote billigend in Kauf genommen. Hätte jemand in unserem Zentrum übernachtet oder wäre jemand zufällig dort vorbei gegangen, hätte es Tote gegeben.
Das muss allen klar sein.
Die Nazis haben aber ihr Ziel nicht erreicht.
Wir waren zwar in unserer politischen Arbeit für eine Zeit etwas eingeschränkt, doch sie ist nie zum Erliegen gekommen. Das liegt auch an der großartigen Unterstützung vieler Antifaschistinnen und Antifaschisten aus dem gesamten Bundesgebiet, die uns den Rücken gestärkt hat.

Wir haben ein neues Zentrum in Oberhausen aufgebaut, den Paroli-Treff, wir lassen uns nicht vertreiben!
Wir streiten weiter für eine bunte solidarische Stadtgesellschaft, in der alle Menschen und Lebensentwürfe einen gleichberechtigten Platz haben und stellen uns Profitinteressen und rechten Parolen entgegen!

Wir wissen, dass wir uns auf die Behörden nicht verlassen können.
Trotzdem fordern wir, dass sie ihren Job machen, dass ausermittelt wird, wer noch von dem Anschlag wusste oder daran beteiligt war und welche braunen Netzwerke dahinter stecken.
Und das gilt nicht nur für dieses Verfahren, der Aufklärung rechter Angriffe und Anschläge muss eine viel höhere Priorität eingeräumt werden!

Lasst uns also genau hinsehen, was in diesem Verfahren passiert und daraus unsere politischen Schlüsse ziehen! Danke, dass ihr heute hier seid.

Alle zusammen gegen den Faschismus!

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