Sehr geehrte Damen und Herren,
Heute fällen wir eine Grundsatzentscheidung.
Es geht um »Daten und digitale Infrastruktur«, die als Querschnittsfunktion ab sofort alle anderen Handlungsfelder der bestehenden Stadtentwicklungskonzepte ergänzen sollen.
Die vorgelegte Smart-City-Strategie soll unter anderem dem sozialen Fortschritt dienen.
Sozialer Fortschritt ist etwas Wunderbares.
Denn er bedeutet, auf ein gutes Leben für alle Menschen hinzuarbeiten.
Praktisch bedeutet sozialer Fortschritt, Armut, Unterdrückung, Krieg und Umweltzerstörung – also die Grundwidersprüche der kapitalistischen Wirtschaftsweise – zu überwinden und Stück für Stück durch eine menschenfreundliche Gesellschaftsordnung zu ersetzen.
Das ist der demokratische Sozialismus, den wir LINKE fordern.
Bei der Weiterentwicklung von Gesellschaften spielt auch der technische Fortschritt seit jeher eine entscheidende Rolle.
Denn dieser befähigt uns zumindest theoretisch, humanistische Ideale in die Tat umzusetzen und eine gute Versorgung aller Menschen in allen lebenswichtigen Bereichen sicherstellen zu können. Theoretisch!
Praktisch sieht es leider ganz anders aus.
Die allermeisten neuen Technologien und Maßnahmen sind auf Profitmaximierung für sehr wenige Menschen ausgerichtet, während die absolute Mehrheit verarmt.
Der Begriff »Smart City« ist auch nichts anderes als ein solches Geschäft.
Der Smart City Markt liegt im Billionen US-Dollar Bereich und wird, weil er alle Bereiche umfassen soll, demnächst alle anderen Wirtschaftszweige überflügeln.
Das ist die Ausgangslage. Konzerne wie IBM haben diesen Begriff geprägt, um Geld zu verdienen.
Der Begriff soll so modern und innovativ klingen, inhaltlich ist er aber nicht ausdefiniert.
Alles was irgendwie mit Digitalisierung und Internet zu tun hat, kann als Smart verkauft werden.
Nicht anders verhält es sich ja bekanntlich mit der »Künstlichen Intelligenz«, die neuerdings in aller Munde und ohne die eine »Smart City-Strategie« nicht umsetzbar ist.
Eine Gruppe von Sozialwissenschaftler*innen hat vor gar nicht langer Zeit die dominante Geschichtsschreibung zu Smart Cities als das Storytelling der Großkonzerne bezeichnet und ein ziemliches aufschlussreiches Buch dazu veröffentlicht.
Deswegen erstarren wir nicht in Ehrfurcht, wenn wir diese Konzepte mit ständig neu ausgedachten Begriffen und Anglizismen lesen.
Weil es viel Augenwischerei ist und sich nichts, aber auch gar nichts an der grundsätzlichen kapitalistischen Denkweise ändert.
Es ist die gleiche neoliberale Programmatik von Privatisierung und Outsourcing, nur eben in gewaltigem Ausmaß und mit modernster Technik.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass wir einen guten Teil der Selbstbestimmung über unsere Daten an Konzerne abgeben.
Was mit ihnen geschieht, können wir abschließend nicht wissen. Die Strategie Smarter Planet zum Beispiel zielt eben auf eine zentralisierte Auswertung und Nutzung städtischer Daten in allen Bereichen.
Nur als Beispiel:
Eine intelligente Einsatzzentrale (IOC) von IBM sammelt Informationen in den jeweiligen städtischen Verwaltungen und Behörden, die dann gebündelt eingesetzt werden.
Damit können Verkehr oder Hochwasser beobachtet werden, aber auch Massenansammlungen wie Streiks oder das gesamte öffentliche Leben können mühelos überwacht werden.
Das Konzept Smart City hat sicher auch einige gute Seiten und bietet gute Chancen, wenn es im Sinne der Bevölkerung angewandt wird.
Dafür braucht es aber ein grundsätzliches Umdenken.
Es muss erkannt werden, dass die Armutsbekämpfung, die Versorgung der Bevölkerung mit allem Notwendigen und der Klimaschutz die vordringlichsten Aufgaben der Politik sein müssen, nicht die Portemonnaies einiger Stakeholder.
Es muss darauf geachtet werden, dass niemand zurückgelassen oder verdrängt wird.
Dafür werden wir LINKE uns unaufhörlich einsetzen.
Eine starke aktive Beteiligung der Menschen in Oberhausen an diesem Projekt muss ganz vorne stehen.
Wir stimmen dem Projekt mit der genannten Kritik zu, um eine Verbesserung der Lebensqualität für alle zu erreichen.