Sehr geehrte Damen und Herren,
Einsamkeit hat viele Facetten.
Die Grundsätze einer fortschrittlichen und sozialen Politik zum Schutz der Menschenwürde, Recht auf Selbstbestimmung und Verbot von Diskriminierungen – sind im Grundgesetz, dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), in den verbindlichen Richtlinien der Europäischen Union sowie in zahlreichen Erklärungen von Seniorenverbänden festgeschrieben. Für die Fraktion DIE LINKE. LISTE sind diese Grundsätze nicht verhandelbar. Sie müssen für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen gelten.
Faktisch stehen aber für viele, insbesondere für ältere Menschen, die von staatlichen Leistungen abhängig sind, diese Grundsätze nur auf dem Papier. Um ihnen Geltung zu verschaffen, ist aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. LISTE ein Umdenken dringend erforderlich. Veränderte Leistungsfähigkeiten gehören zum menschlichen Leben und dürfen nicht als Belastung für die Sozialversicherungssysteme dargestellt werden. Alter oder diverse Veränderungen im sozialen und ökonomischen Beriechen sind massiv für die Verstetigung von Einsamkeit, Depressionen und schwierigen Lebenslagen.
Die Gruppe der Seniorinnen und Senioren ist ebenso heterogen wie in anderen Lebensphasen. Berücksichtigt werden müssen persönliche Biografien, der sozioökonomische Status, Bildung, Kultur und Migrationshintergrund, Gesundheitszustand, Behinderungen, Geschlechtszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, das Wohnen im Familienverbund oder als Single, in der Stadt oder auf dem Land, der Ausbau von Kontakten sowie unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen. Sozialpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die kreativer Lösung bedarf. Dabei sind ältere Menschen in allen sie tangierenden Lebensbereichen als Expertinnen und Experten in eigener Sache einzubeziehen.
Die Einrichtung eines runden Tisches älterer Menschen wäre ein konkreter Beitrag zur Verbesserung mancher Lebensrealitäten. Dazu gehört aber auch, dass zum Beispiel viele Verwaltungsvorlagen im Vorfeld in die Beratungsfolge des Beirates für Menschen mit Behinderungen Eingang finden und nicht erst nach Ratssitzungen über gravierende Maßnahmen des öffentlichen Lebens in Kenntnis gesetzt werden.
Durch die Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderungen, bildungsferne Gruppen, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrungen in vielerlei Hinsicht unsere Unterstützung benötigen. Nicht nur gehören sie zu der größten Risikogruppe, auch hatte die Pandemie direkte Auswirkungen auf die konkrete Teilhabe am sozio-kulturellen Leben in unserer Stadt. Viele Menschen haben sich in ihre Wohnungen zurückgezogen und ihre sozialen Kontakte eingeschränkt. Besonders jetzt ist es wichtig, dass Maßnahmen getroffen werden, um zu verhindern, dass Einsamkeit ein Dauerzustand wird. Dies gilt im besonderen Maße auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Alle Menschen haben ein Recht auf Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Einsamkeit kann gesundheitliche Auswirkungen auf jeden von uns haben. Fühlen wir uns einsam, erhöht das unseren Stresspegel und damit das Risiko für stressbedingte Erkrankungen wie z.B. Bluthochdruck und damit das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Vor allem Depressionen können massiv verstärkt werden.
Es gilt also insbesondere Vorsorgemaßnahmen zu treffen, die nicht nur im fiskalischen zu suchen sind. Guter, bezahlbarer Wohnraum, der Verbleib im eigenen Quartier, qualitativ hochwertige Angebote für häusliche und stationäre Pflege in den Stadtteilen, der Erhalt von sozio-kulturellen Zentren, Jugendeinrichtungen und Treffpunkten mit niedrigschwelligem Angebot, sowie grünen Frei- und Erholungsflächen oder niedrigpreisige Angebote im Sport- und Kulturbereich sind unabdingbarer Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft und somit wichtig, um der Verstetigung von Einsamkeit Einhalt zu gebieten.